Was ist das überhaupt? wer soll es bekommen? wer finanziert das? welche Modelle gibt es? Gibt es schon Pilotprojekte? Welche Erfahrungen gibt es? Darüber und über vieles mehr informierte Manfred Glöckner in seinem Vortrag.
Unser Sozialstaat, dessen Pfeiler zu Zeiten Bismarcks im 19. Jahrhundert gesetzt wurden, ist marode.
Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse haben sich seither grundlegend verändert, so Glöckner zu Beginn seiner Ausführungen bei der gemeinsamen Veranstaltung der SPD Ortsvereine Bad Staffelstein und Ebensfeld am vergangenen Freitag.
Dank verbesserter Arbeitsbedingungen und der modernen Medizin ist die Sterblichkeit seither deutlich gesunken. Gleichzeitig ist jedoch auch die Geburtenrate zurückgegangen. Infolgedessen müssten immer mehr junge für immer mehr alte finanziell aufkommen.
Auch wenn wir gegenwärtig in einer sehr guten wirtschaftlichen Situation leben, so werde sich dies schneller als erwartet ändern. Die Digitalisierung der Arbeitswelt werde zum Wegfall von Millionen von Arbeitsplätzen führen, die nicht in gleichem Maße durch neue Arbeitsplätze ersetzt werden. Glöckner zählte an dieser Stelle zahlreiche Beispiele auf. Einen dramatischen Wandel werde es in der
Automobilindustrie geben. Aber auch bei Banken, Versicherungen sei der Arbeitsplatzabbau bereits angekündigt bzw. im Gange. Auch in unserem Landkreis werden bekanntlich schon Bankfilialen geschlossen.
Die Digitalisierung solle jedoch nicht als Gefahr sondern als Chance betrachtet werden. Stumpfsinnige, schwere und gefährlicher Arbeiten werden zukünftig von Roboter erledigt. Die Roboter seien zudem wesentlich produktiver und tragen somit zur Steigerung des Volkseinkommens bei;
Sie zahlen jedoch nicht in die Sozialversicherungssysteme ein.
Die Folgen seien bereits gegenwärtig absehbar. Kinderarmut und Armut im Alter werden die Gesellschaft noch weiter spalten.
Verhindert werden könne dies-so Glöckner- nur durch ein bedingungsloses Grundeinkommen (bGE).
Danach erhalten alle Staatsangehörige vom Staat ohne Bedingung, ohne bürokratischen Aufwand monatlich eine Zahlung in Höhe des jeweiligen Existenzminimums, gegenwärtig sind dies 750,00 €/Erwachsener. Es wird nicht unterschieden zwischen Erwerbstätigen und Erwerbslosen, selbstständigen und unselbstständigen Beschäftigten.
Diese Transferzahlung wird aus dem allgemeinen Staatshaushalt über Steuern finanziert.
Sozialversicherungsbeiträge entfallen vollständig.
Das Grundeinkommen erhalten alle steuerfrei-unabhängig von eigenem Einkommen. Zusätzliche Einkommen aller Art werden vom ersten bis zum letzten Euro mit einem einheitlichen und für alle Einkommen gleich bleibenden Steuersatz belastet.
Das Grundeinkommen ersetzt alle Steuer-und abgabenfinanzierten Sozialleistungen, z.B. Sozialhilfe, Wohn- oder Kindergeld, BaföG, Arbeitslosengeld.
Für Krankenversicherung gibt es entweder eine Grundversicherungspflicht oder aber das Grundeinkommen wird durch ein staatliches Gesundheitswesen ergänzt.
Die Vorteile des bedingungslosen Grundeinkommens liegen nach Glöckner u.a. auch darin, dass bisher unbezahlte Tätigkeiten, z.B. die der Hausfrauen, Mütter und das Ehrenamt endlich eine Aufwertung erhalten.
Auch fallen die entwürdigenden "Hartz IV- Gesetze" weg.
Skeptiker wenden ein, das bedingungslose Grundeinkommen sei nicht finanzierbar. Diesen Einwand haben prominente Befürworter u.a. Dieter Althaus, ehemalige Ministerpräsident von Thüringen widerlegt. Weiter wissenschaftliche Berechnungen u.a. das Ulmer Modell bestätigen dies.
Dass das bedingungslose Grundeinkommen noch nicht eingeführt ist, hat nach Meinung des Referenten zwei Gründe: Der Glaube, niemand würde mehr arbeiten, wenn er das bedingungslose Grundeinkommen erhalte. Dem stehe entgegen, dass 73% der Befürworter erklärt haben, dass sie auch mit dem bedingungslose Grundeinkommen weiter arbeiten würden.
Der wesentlichere Punkt dürfte der sein, dass Arbeitgeber, z.T. auch Gewerkschaften einen Machtverlust befürchten.
Mit dem bGE wäre der Arbeitnehmer in Augenhöhe mit dem Arbeitgeber.
Er muss nicht jede Arbeit annehmen, muss sich die Arbeitsbedingungen nicht diktieren lassen.
Damit erfülle das bedingungslose Grundeinkommen die Forderung nach Freiheit, Gleichheit und Solidarität.
Von der Politik verlangte der Referent schnelles Handeln. Der Versuch, die neue Arbeitswelt an die Bismarcksche Sozialversicherungen anzupassen werde scheitern. Insbesondere werde es nicht gelingen, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen. Die Auswirkungen auf unser demokratisches Staatswesen könnten dann dramatisch werden.
Sebastien Müller, SPD-Kreisvorsitzender Lichtenfels und Dr. Ralf Pohl, Vorsitzender der SPD im Kreis Kronach, bedankten sich bei Manfred Glöckner für den umfänglichen Vortrag.
Im Anschluss sorgte das Thema bei den Besuchern noch für ausgedehnten Diskussionsstoff.